OKTOBER

Mit OKTOBER schuf Sergej Eisenstein einen Jubiläumsfilm zum 10. Jahrestag der Oktoberrevolution, der auch in ästhetischer Hinsicht radikal neue Maßstäbe setzte. Mit Hilfe der ‚intellektuellen Montage’ stellt der Film die historischen Ereignisse als einen explosiven Prozess der Befreiung aus langer Unterdrückung dar – und fiel damit unter das berüchtigte Formalismus-Verdikt, mit dem fast alle Filme der Filmavantgarde aus den sowjetrussischen Kinos verbannt wurden.

Bis in die 1960er-Jahre blieb der Film unter Verschluss, seine authentisch anmutenden Revolutionsbilder aber waren im Umlauf und wurden in Ermangelung von Originalaufnahmen wie Dokumentarmaterial genutzt. Mitte der 1960er-Jahre entstand im Staatlichen Filmarchiv Gosfilmofond eine fundierte Rekonstruktion. Auf dieser Version basiert die neue digitale HDRestaurierung aus dem Filmmuseum München, das eine Kopie von Gosfilmofond erworben und diese mit Material vom EYE Film Instituut (Amsterdam) und Bundesarchiv Berlin fotografisch verbessert hat.

Die große Wiederentdeckung ist die rekonstruierte Filmmusik von Edmund Meisel, der 1926 zum ersten Mal für einen Eisenstein-Film komponierte. Wie bei PANZERKREUZER POTEMKIN entstand auch bei OKTOBER die Musik zur deutschen Fassung des Films. Meisel plante seine Musik „nach einem aufgezeichneten Steigerungssystem, das die fortschreitende Handlung unterstreichen soll“. Das Resultat ist eine höchst innovative Filmmusik, die mit ihrer geräuschhaften Klanglichkeit und Rhythmisierung wie ein Vorbote der Punk- und Technomusik wirkt.

Meisels Filmmusik entstand für die (kürzere) deutsche Fassung des Films ZEHN TAGE, DIE DIE WELT ERSCHÜTTERTEN und sorgte bei ihrer Premiere im April 1928 für lautstarke Kontroversen. Sie wurde auf Grundlage der im Russischen Staatsarchiv überlieferten Musikmaterialien rekonstruiert und instrumentiert.

Edmund Meisel (1894-1930) hat als Komponist epochaler Filmmusiken wie PANZERKREUZER POTEMKIN, BERLIN. DIE SINFONIE DER GROSSSTADT und OKTOBER die Filmgeschichte maßgeblich geprägt. Meisel experimentierte mit neuen Technologien der Musikbegleitung im Theater und Kino, schrieb 14 Bühnenmusiken und 10 Kompositionen für Stumm- und Tonfilme, er dirigierte, machte Hörspiele, Plattenaufnahmen und Studioproduktionen. Als er 1930 starb, verlor die Filmwelt einen ihrer produktivsten Komponisten. Im Berliner Tageblatt schrieb Leo Hirsch: „Meisel war ja ein Musikant, der gewissermaßen mit den Augen komponierte, der einzige geborene Filmkomponist. Seine Art machte Schule, seine Rhythmik Mode.“