FRÜHE TONFILMSCHLAGER

So merkwürdig es auch erscheinen mag: Den Filmschlager gab es schon vor Einführung des Tonfilms: 1928 landete der Revue- und Operettenkomponist Ralph Erwin mit „Ich küsse Ihre Hand, Madame“ einen Welthit. Was dieses Chanson so erfolgreich machte, war nicht allein die einschmeichelnde Musik, sondern auch die betörende Interpretation durch den Tenor Richard Tauber. Seine Schallplattenaufnahme von „Ich küsse Ihre Hand, Madame“ wurde in kürzester Zeit eine Million Mal verkauft. Um den Erfolg zu potenzieren, brachte man nun noch einen weiteren Star ins Spiel: Harry Liedtke, einen der beliebtesten und bestbezahlten männlichen Schauspieler der Stummfilmzeit. Unter dem Titel des Schlagers kam im Januar 1929 ein an sich stummer Liebesfilm mit ihm als Hauptdarsteller heraus, in dem in einer Szene das von Tauber gesungene Chanson als Tonsequenz eingebaut wurde. Doch diese Form, Musik in einen Film zu integrieren, gab es nur kurze Zeit. Denn schon wenige Monate später präsentierte die deutsche Filmindustrie eine neue Sensation: den ersten abendfüllenden Tonfilm.

Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten, die die neuen Medien Film und Rundfunk subtil für ihre Zwecke einzusetzen wussten, begann für die meisten Filmschaffenden, Schauspieler wie Komponisten, eine schmale Gratwanderung zwischen Anpassung und Autonomie. Die leichten Unterhaltungsfilme, die am Fließband produziert wurden, gaben sich im Allgemeinen unpolitisch – und das war genau im Sinne der Machthaber. Wollte man sich doch mit dem „Glamourfaktor“ dieser Produktionen schmücken. Bis 1939 konnten aber auch Filme mit durchaus prekären Inhalten produziert werden, beispielsweise TANZ AUF DEM VULKAN, in dem Gustaf Gründgens die Kleinbürger zur Revolution aufruft, und BEL AMI, die Verfilmung von Guy de Maupassants gleichnamigem, gesellschaftskritischem Roman. Zu beiden Produktionen steuerte Theo Mackeben, der Uraufführungsdirigent von Brechts Dreigroschenoper, die Musik bei, darunter die Evergreens „Die Nacht ist nicht allein zum Schlafen da“ und „Du hast Glück bei den Frau’n, Bel Ami“. Auch ein Film wie IMMER, WENN ICH GLÜCKLICH BIN, in dem Marta Eggerth eine gefeierte Revuesängerin spielt, die ihren Beruf aus Liebe zu einem Mann aufgibt, aber später feststellen muss, dass sie nicht auf das Theaterleben verzichten kann und einen großen Konflikt mit ihrem Gatten heraufbeschwört, passt so gar nicht in das Schema der nationalsozialistischen Ideologie. Die Musik dazu schrieb Franz Grothe, der auch viele Schlager für Marika Rökk, einen weiteren großen Star der UFA-Zeit, komponierte.

Programm:

Musik: Michael Jary (1906-1988), Text: Bruno Balz (1902-1988):
„Ich weiß, es wird einmal ein Wunder gescheh’n“ aus DIE GROSSE LIEBE (1942) – instrumental –

Musik: Werner Richard Heymann (1896-1961 ), Text: Robert Gilbert (1899-1978): „Ein Freund, ein guter Freund“ aus DIE DREI VON DER TANKSTELLE (1930)
Musik: Werner Richard Heymann, Text: Robert Gilbert: „Liebling, mein Herz lässt dich grüßen“ aus DIE DREI VON DER TANKSTELLE
Musik: Franz Doelle (1883-1965), Text: Bruno Balz: „An einem Tag im Frühling“ aus VIKTOR UND VIKTORIA (1933) Musik: Lothar Brühne (1900-1958), Text: Bruno Balz: „Ich brech’ die Herzen der stolzesten Frau’n“ aus FÜNF MILLIONEN SUCHEN EINEN ERBEN (1938)
Musik: Franz Grothe (1908-1982), Text: Ernst Marischka (1893-1963): „Immer, wenn ich glücklich bin“ aus IMMER, WENN ICH GLÜCKLICH BIN (1938)
Musik: Theo Mackeben (1897-1953), Text: Hans Fritz Beckmann (1909-1975): „Du hast Glück bei den Frau’n, Bel Ami“ aus BEL AMI (1939)
Musik: Franz Grothe, Text: Willy Dehmel (1909-1971 ): „Sing mit mir“ aus HAB MICH LIEB! (1942)
– instrumental –

Musik: Franz Grothe, Text: Willy Dehmel: „In der Nacht ist der Mensch nicht gern alleine“ aus DIE FRAU MEINER TRÄUME (1944)
Musik: Anton Profes (1896-1976), Text: Aldo von Pinelli (1912-1967): „Kauf dir einen bunten Luftballon“ aus KAUF DIR EINEN BUNTEN LUFTBALLON (1961 ) – instrumental –
Musik: Ralph Erwin (1896-1943), Text: Fritz Rotter (1900-1984): „Ich küsse Ihre Hand, Madame“ aus ICH KÜSSE IHRE HAND, MADAME
Musik: Theo Mackeben, Text: Hans Fritz Beckmann: „Bei dir war es immer so schön“ aus BEI DIR WAR ES IMMER SO SCHÖN (1954)
Musik: Franz Grothe, Text: Willy Dehmel: Melodienfolge aus ICH DENKE OFT AN PIROSCHKA (1955)
– instrumental –
Musik: Friedrich Schröder (1910-1972), Text: Hans Fritz Beckmann: „Ich tanz’ mit dir in den Himmel hinein“ aus SIEBEN OHRFEIGEN (1937)
Franz Grothe: Maschinenmusik aus DAS SCHLOSS IN FLANDERN (1936) – instrumental –
Musik: Walter Jurmann (1903-1971 ), Text: Fritz Rotter: „Adieu, es ist zu schön, um wahr zu sein“ aus ABENTEUER AM LIDO (1933)
Musik: Hans May (1886-1958), Text: Ernst Neubach (1900-1968): „Heut’ ist der schönste Tag in meinem Leben“ aus HEUT’ IST DER SCHÖNSTE TAG IN MEINEM LEBEN
Musik: Michael Jary, Text: Bruno Balz: „Davon geht die Welt nicht unter“ aus DIE GROSSE LIEBE (1942)
– instrumental –

*** Zugabe ***

Musik: Robert Stolz (1880-1975), Text: Robert Gilbert: „Ungeküsst sollst du nicht schlafen geh’n“ aus UNGEKÜSST SOLLST DU NICHT SCHLAFEN GEH’N